Was bleibt von Weihnachten?
Liebe Gemeindeglieder, liebe Leser*innen,

wenn Sie diese Zeilen lesen, ist Weihnachten schon wieder vorbei: Gottesdienst besucht, Weihnachtstafel abgegessen, „O du fröhliche“ gesungen. Nur noch das Geschenkpapier falten oder entsorgen und die neu bekommenen Sachen wieder verräumen. Ein paar Anrufe noch. Dann ist es endgültig geschafft!
Anderer Vergleich: „Er“ steht seit einer halben Stunde am Bahnhof und wartet sehnsüchtig auf den Zug mit „ihr“ drin. Dann endlich der ersehnte Moment: Die Tür geht auf, sie springt aus dem Zug, beide schließen sich in die Arme! Und jetzt haucht er ihr ins Ohr: „So, nun bist Du ja gekommen, wir haben uns gesehen, jetzt kannst Du wieder fahr‘n!“ – Was sagen wir da? Schön blöd! Und raten dem Liebhaber: „Schick sie nicht gleich mit dem nächsten Zug wieder heim! Stattdessen nimm sie mit nach Hause, macht Euch eine schöne Zeit!“ Denn: Sie soll schließlich BLEIBEN!
Und Weihnachten? Was bleibt davon? Ist in der Geschichte mit dem Kind in der Krippe, mit den Hirten, den Engeln, irgendetwas, was BLEIBT? Erste Antwort: Nein! Nichts! Nehmen wir die Engel: Nachdem sie Gott gelobt haben, fahren sie wieder hoch in den Himmel. Oder die Hirten: An der Krippe bleiben auch die nicht lang. „Nachdem sie es aber gesehen hatten …“, sind auch sie schon wieder weg, um das weiterzuerzählen, was sie über das Kind gehört hatten. Sind anschließend vermutlich wieder bei ihren Schafen gelandet, wo für sie die Geschichte einst begonnen hatte.
Und Maria, Josef, das Kind? Im Matthäus-Evangelium brechen sie fluchtartig nach Ägypten auf, um sich in Sicherheit zu bringen. Lukas hat es da nicht ganz so eilig, aber nach einer Weile treffen wir die Familie in Jerusalem an, von wo sie dann nach Nazareth zurückkehrt.
Zweite Antwort: Doch, es bleibt was! In der Weihnachtsgeschichte nämlich heißt es ausdrücklich: „Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen“ (Lk 2, 19). „Behalten“, das bedeutet doch: Da bleibt was! Im Herzen. Und obwohl vom BEWEGEN im Herzen die Rede ist, ist das eine eher stille, ruhige Angelegenheit. Maria bewegt die Worte im Herzen, so wie man ein Kind sanft in den Schlaf wiegt.
Was denn eigentlich für Worte? Antwort: Die Worte der Hirten. Und die haben Maria auch nur die Worte des Engels weitergesagt: „Fürchtet Euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude (…): Euch ist heute der Heiland geboren!“ Ich stelle mir vor, wie Maria im Herzen wieder und wieder die Worte einzeln „bewegt“: „Bloß nicht fürchten! Freude! Euch! Heiland! Geboren!“ – Meditations-Stoff für ein ganzes Leben.
Worte. Nicht mehr. Und nicht weniger. Ohne diese Worte wäre das Ereignis von Bethlehem nichts anderes gewesen als das, was jede andere Geburt auch ist: Für jemanden geht eine neue Welt auf. Die Eltern erleben dabei intensive Gefühle. Erst diese „himmlischen“ Worte des Engels machen DIESE Geburt zu einer einzigartigen. Was diese Geburt „bleiben“ lässt, das sind allein jene Worte.
Worte, die in Ewigkeit bleiben. Die Gültigkeit haben und behalten. Wenn nun auch ICH dabei „bleiben“ will, wenn ich das will: „Weihnachten soll mir bleiben! Jesus Christus soll mir bleiben!“, dann brauche auch ich WORTE. Worte von ihm. Worte über ihn. Brauche offene Ohren für diese Worte. Dazu ein Herz als Wiege. Und womöglich einen Mund, der sie selber ausspricht, weitersagt, weitersingt. Vielleicht so, wie die Münder der Hirten es getan haben. Damit nicht nur zu Weihnachten, sondern täglich neu gilt: „Fürchte Dich nicht! Es gibt Grund zur Freude! Dir ist heute Dein Heiland geboren!“
In solchem Sinne Ihnen allen wie uns auch noch in den kommenden Tagen eine bleibende und zugleich frohe Weihnacht – vielleicht schau‘n Sie ja auch nochmal zwischen den Jahren in einer unserer vielen liebevoll geschmückten Kirchen in und um Pappenheim vorbei und bewegen dabei dann das eine oder andere Engelswort in Ihren Herzen…
Ihre Pfarrer Wolfgang Popp und Gerd Schamberger