Impuls

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Gebet für Frieden in der Ukraine

Wir haben keine Macht über Leben und Tod,
Wir haben keinen Einfluss auf die Machthaber dieser Welt,
Wir haben keine Mittel gegen Panzer und Raketen.
aber wir können dich anrufen,
dich, unseren Gott.

Wir kommen zu dir
und bitten dich um Frieden
für die Menschen in der Ukraine,
für die Männer, die in den Krieg geschickt werden,
und alle, die um sie bangen.
Wir kommen zu dir
und bitten dich um Frieden
für die, die sich dem Krieg in den Weg stellen,
für die Verwundeten und Traumatisierten,
für alle in Angst.
Erbarme dich.

Wir kommen zu dir
und bitten dich um Weisheit
für alle, die dem Frieden dienen,
für die politisch Mächtigen in ihren Entscheidungen,
für die Einflussreichen in ihrem Reden und Schreiben,
für die Ratlosen und die Hoffnungslosen.
Erbarme dich.

Wir kommen zu dir
und bitten dich um Einheit
für alle, die an dich glauben,
für deine Gemeinde in der Ukraine,
für die orthodoxen Christinnen und Christen.
Erbarme dich.

Du bist doch ein Gott des Friedens,
erbarme dich.
Stell dich dem Tod in den Weg.
Beende die Gewalt.
Schütze die Schwachen,
behüte die Opfer der Mächtigen.
Du bist doch ein Gott des Friedens.
Schaffe Frieden.
Das bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn und Bruder.

Amen.

C+M+B | 545

Liebe Gemeindeglieder, liebe Leser*innen,

sie sind jemandem auf der Spur, und nichts bringt sie davon ab. Die Rede ist von den „Drei Weisen aus dem Morgenland“, wie‘s im Evangelium bei Matthäus heißt. Die Legende kennt ihre Namen: Caspar, Melchior, Balthasar. Darin wurden sie auch zu Königen. So kennen wir sie von Bildern. Es sind vornehme, edle Gesellen. Stehen in demutsvoller Haltung vor der Krippe.

Doch Matthäus beschreibt nicht nur diese anmutige Szene, die für uns von
Weihnachten nicht mehr wegzudenken ist. Er beschreibt auch den Weg der
vornehmen Männer dorthin. Dieser führt sie durch gefährliches Terrain politischer Macht – direkt vor den Königsthron des Herodes. Dort werden sie listig ausgefragt und schließlich gebeten, dem König doch Bericht zu erstatten, sobald sie das neugeborene angebliche Gotteskind gefunden hätten.

Aber gegen den ausdrücklichen Wunsch des Königs entscheiden sich die Drei für eine andere Route nach Hause. Gott hatte es ihnen im Traum eingegeben.
Der Weg der Könige hin zur Krippe führt damals durch das Gebiet politischer Gewaltherrschaft. Uns ist dabei nun der Gedanke gekommen: Welches Gebiet müssten sie wohl heute durchschreiten?

Darüber hat sich einst auch die Künstlerin Beate Heinen Gedanken gemacht und eigens dieses Bild dazu geschaffen:

Wir sehen auf dem Bild ein Stück moderne Welt: Eine Straße, einen von
Menschen überfüllten Gehsteig – wohl eindeutig vor Corona! Autos. Eine
Straßenlaterne, beleuchtete Fenster. Hochhäuser. Irgendwie wirkt die Szene
amerikanisch: eine Skyline zeichnet sich ab. Zusammen mit der Leuchtreklame für Whisky und Coca-Cola erinnert das an Amerika. Und dann noch die Zahl 545 an einer Hauswand. Ob das der Stand von irgendeinem Aktienindex ist?
Wie reagieren die Heiligen Drei Könige auf dieses Umfeld? Ihre Blicke verraten Staunen und Verwunderung. In welche Welt sind die Könige da bloß geraten? Wahrscheinlich würden sie noch mehr staunen, hätte die Künstlerin dieses Bild erst in diesem Jahr gemalt – Heilig Drei König 2022:

Menschen, die noch immer mit Masken unterwegs sind. 2G in Geschäften. Geschlossene Diskotheken. Vielleicht würden sie auf Demonstranten treffen? Auf Impfgegner und Corona-Leugner. Und auf Gegendemonstranten. So wie in vielen Städten dieser Tage. Verschiedene Meinungen prallen aufeinander. Was ist richtig? Was falsch? Wer zeigt uns den rechten Weg?

Die Könige freilich lassen sich nicht von ihrem Weg abbringen. Weder damals von Herodes noch auf diesem Bild inmitten einer modernen Metropole. Ihr Blick geht zum Stern. Er hält sie auf der Spur. Sie haben ein Ziel vor Augen. Wollen den neugeborenen König besuchen. Und finden ihn in einer Krippe in einem armseligen Stall. Das haben wir an Weihnachten gefeiert.

Wir wünschen Ihnen und uns, dass wir das Kind aus der Krippe mitnehmen in unsere jeweiligen Alltage. Und dass wir dort dann jenes kleine Gotteskind erwachsen werden und uns von ihm ansprechen lassen. Es wird uns den Weg weisen. Für unser persönliches Leben und auch irgendwann wieder heraus aus dieser zermürbenden globalen Pandemie.

Schauen wir dazu nochmal auf das Bild. Und zwar auf die Straßenseite gegenüber. Genauer gesagt auf jene geheimnisvolle Zahl 545. Vielleicht hat die Künstlerin diese ja mit einem sehr konkreten Hintergedanken mit ins Bild hineingemalt. Als kleines Rätsel gewissermaßen. Die Lösung finden wir im Gesangbuch (EG) unter der Nummer 545. Dort nämlich steht das Lied „Stern über Bethlehem“ samt seiner vierten Strophe:

„Stern über Bethlehem, kehrn wir zurück,
steht noch dein heller Schein in unsrem Blick,
und was uns froh gemacht, teilen wir aus,
Stern über Bethlehem, schein auch zu Haus.“

Ziemlich genial das alles – finden wir!
Ihre Pfarrer Wolfgang Popp und Gerd Schamberger

Auf der Schwelle

Liebe Gemeindeglieder, liebe Leser*innen,

auf der Schwelle von 2021 hinüber ins Jahr 2022 grüßen wir recht herzlich mit Worten des Theologen und Dichters Klaus-Peter Hertzsch:

Die neuen Tage öffnen ihre Türen.
Sie können, was die alten nicht gekonnt.
Vor uns die Wege, die ins Weite führen:
den ersten Schritt.
Ins Land. Zum Horizont.

Wir wissen nicht, ob wir ans Ziel gelangen.
Doch gehn wir los.
Doch reiht sich Schritt an Schritt.
Und wir verstehn zuletzt: Das Ziel ist mitgegangen;
denn der den Weg beschliesst und der ihn angefangen,
Der Herr der Zeit geht alle Tage mit.

Klaus-Dieter Hertzsch

Unser beider Wunsch an Euch und Sie alle:
Tut Ihr, tun Sie die ersten Schritte hinüber ins Neue Jahr mit einer hinreichenden Portion Gottvertrauen, jeder Menge an Zuversicht und überlassen dabei alle Unwägbarkeiten, Befürchtungen und Sorgenfalten getrost Gottes verlässlicher Zusage: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ (Johannes 6, 37)

Ihre Pfarrer Wolfgang Popp und Gerd Schamberger

Was bleibt von Weihnachten?

Liebe Gemeindeglieder, liebe Leser*innen,

wenn Sie diese Zeilen lesen, ist Weihnachten schon wieder vorbei: Gottesdienst besucht, Weihnachtstafel abgegessen, „O du fröhliche“ gesungen. Nur noch das Geschenk­papier falten oder entsorgen und die neu bekommenen Sachen wieder verräumen. Ein paar Anrufe noch. Dann ist es endgültig geschafft!

Anderer Vergleich: „Er“ steht seit einer halben Stunde am Bahnhof und wartet sehn­süchtig auf den Zug mit „ihr“ drin. Dann endlich der ersehnte Moment: Die Tür geht auf, sie springt aus dem Zug, beide schließen sich in die Arme! Und jetzt haucht er ihr ins Ohr: „So, nun bist Du ja gekommen, wir haben uns gesehen, jetzt kannst Du wieder fahr‘n!“ – Was sagen wir da? Schön blöd! Und raten dem Liebhaber: „Schick sie nicht gleich mit dem nächsten Zug wieder heim! Stattdessen nimm sie mit nach Hause, macht Euch eine schöne Zeit!“ Denn: Sie soll schließlich BLEIBEN!

Und Weihnachten? Was bleibt davon? Ist in der Geschichte mit dem Kind in der Krippe, mit den Hirten, den Engeln, irgendetwas, was BLEIBT? Erste Antwort: Nein! Nichts! Nehmen wir die Engel: Nachdem sie Gott gelobt haben, fahren sie wieder hoch in den Himmel. Oder die Hirten: An der Krippe bleiben auch die nicht lang. „Nachdem sie es aber gesehen hatten …“, sind auch sie schon wieder weg, um das weiterzuerzählen, was sie über das Kind gehört hatten. Sind anschließend vermutlich wieder bei ihren Schafen gelandet, wo für sie die Geschichte einst begonnen hatte.

Und Maria, Josef, das Kind? Im Matthäus-Evangelium brechen sie fluchtartig nach Ägypten auf, um sich in Sicherheit zu bringen. Lukas hat es da nicht ganz so eilig, aber nach einer Weile treffen wir die Familie in Jerusalem an, von wo sie dann nach Nazareth zurückkehrt.

Zweite Antwort: Doch, es bleibt was! In der Weihnachtsgeschichte nämlich heißt es ausdrücklich: „Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen“ (Lk 2, 19). „Behalten“, das bedeutet doch: Da bleibt was! Im Herzen. Und obwohl vom BEWEGEN im Herzen die Rede ist, ist das eine eher stille, ruhige Angelegenheit. Maria bewegt die Worte im Herzen, so wie man ein Kind sanft in den Schlaf wiegt.

Was denn eigentlich für Worte? Antwort: Die Worte der Hirten. Und die haben Maria auch nur die Worte des Engels weitergesagt: „Fürchtet Euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude (…): Euch ist heute der Heiland geboren!“ Ich stelle mir vor, wie Maria im Herzen wieder und wieder die Worte einzeln „bewegt“: „Bloß nicht fürchten! Freude! Euch! Heiland! Geboren!“ – Meditations-Stoff für ein ganzes Leben.

Worte. Nicht mehr. Und nicht weniger. Ohne diese Worte wäre das Ereignis von Bethlehem nichts anderes gewesen als das, was jede andere Geburt auch ist: Für jemanden geht eine neue Welt auf. Die Eltern erleben dabei intensive Gefühle. Erst diese „himmlischen“ Worte des Engels machen DIESE Geburt zu einer einzigartigen. Was diese Geburt „bleiben“ lässt, das sind allein jene Worte.

Worte, die in Ewigkeit bleiben. Die Gültigkeit haben und behalten. Wenn nun auch ICH dabei „bleiben“ will, wenn ich das will: „Weihnachten soll mir bleiben! Jesus Christus soll mir bleiben!“, dann brauche auch ich WORTE. Worte von ihm. Worte über ihn. Brauche offene Ohren für diese Worte. Dazu ein Herz als Wiege. Und womöglich einen Mund, der sie selber ausspricht, weitersagt, weitersingt. Vielleicht so, wie die Münder der Hirten es getan haben. Damit nicht nur zu Weihnachten, sondern täglich neu gilt: „Fürchte Dich nicht! Es gibt Grund zur Freude! Dir ist heute Dein Heiland geboren!“

In solchem Sinne Ihnen allen wie uns auch noch in den kommenden Tagen eine bleibende und zugleich frohe Weihnacht – vielleicht schau‘n Sie ja auch nochmal zwischen den Jahren in einer unserer vielen liebevoll geschmückten Kirchen in und um Pappenheim vorbei und bewegen dabei dann das eine oder andere Engelswort in Ihren Herzen…

Ihre Pfarrer Wolfgang Popp und Gerd Schamberger

Gott ist im Kommen

Liebe Gemeindeglieder, liebe Leser*innen,

zwei der insgesamt vier Adventsonntage liegen nun schon wieder hinter uns – doch auch ebenso viele kommen noch. Am ersten Sonntag rief uns der Prophet Sacharja zu (Sach 9, 9b): „Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer“ und eine Woche später dann legt uns der Evangelist Matthäus ans Herz (Lk 21, 28): „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“

Nach einem anfänglichen „Augen auf!“ und einem anschließenden „Kopf hoch!“ scheinen wir also nun bestens vorbereitet für das Kommen Gottes in diese Welt. Auf den begonnenen Weg durch den diesjährigen Advent wollen wir Ihnen gerne ein paar nachdenkliche Zeilen mitgeben; diese stammen von Reinhard Röhrner und lauten folgendermaßen:

Sind längst mittendrin
im Advent,
in einer Zeit des Hoffens
und der Erwartung.

Hoffen
auf den Herrn,
Erwartung seiner Ankunft
und seiner Wiederkunft.

Hoffen
auf die Erlösung,
die unser Leben
schon jetzt prägt und trägt.

Hoffnung,
die offen ist,
für das, was kommt
und uns das Leben schenkt.

Hoffnung,
die über die Eile der Zeit hinaus
uns ausrichtet auf ein Ziel,
das wir in Gottes Gegenwart erwarten.

In solchem Sinne Ihnen wie auch uns weiterhin noch ein paar erwartungsfrohe wie segensreiche Adventstage in diesem nun langsam zu Ende gehenden Kalenderjahr 2021,

Ihre Pfarrer Wolfgang Popp und Gerd Schamberger

Buß- und Bettag

Liebe Gemeindeglieder, liebe Leser*innen,

der Buß- und Bettag hat eine lange und wechselvolle Geschichte hinter sich. Er nämlich bezieht sich nicht auf ein konkretes biblisch-heilsgeschichtliches Ereignis, wie z.B. der Karfreitag oder die Weihnacht, sondern ist ein von der staatlichen Obrigkeit verordneter Tag der Buße. Im römischen Reich war es üblich, in Notzeiten einen Tag des Gebets und der Buße auszurufen. Jene Sitte fand schließlich unter dem Einfluss des römischen Rechts Eingang in die christliche Kirche.

Die Kirche des Mittelalters hielt einst zu Beginn jeder Jahreszeit sogenannte Quatembertage ab. Diese Tage dienten der Buße und dem Fasten. Daneben entstanden weitere Bußtage, deren Ziel es war, Gott in Zeiten der Bedrängnis, des Krieges, des Hungers und anderer Nöte, gnädig zu stimmen und die Geschicke des Volkes zum Guten zu wenden. So hat man also solche Bußtage immer wieder bei „Bedarf“ durch die jeweils Regierenden angeordnet.

Im Jahre 1532 wurde dann der offiziell erste „Buß- und Bettag“ der evangelischen Kirche in Straßburg begangen. Die Anzahl der Bußtage stieg in den folgenden Jahrhunderten stark an, da jedes Kirchengebiet seine eigenen Bußtage einrichtete. So zählte man im Jahr 1878 in 28 deutschen Ländern 47 verschiedene Buß- und Bettage an jeweils 24 Tagen.

Mitte des 19. Jahrhunderts gab‘s, ausgehend von der sog. Eisenacher Konferenz, die Bestrebung, einen einheitlichen Bußtag einzuführen: und zwar am Mittwoch vor dem letzten Sonntag des Kirchenjahres.

1994 beschloss die damalige Bundesregierung, den Buß- und Bettag zugunsten der Mitfinanzierung der Pflegeversicherung ab 1995 als offiziellen Feiertag abzuschaffen. Nur in Sachsen ist dieser Tag auch heute noch arbeitsfrei.

Auch wenn dieser Tag kein gesetzlicher Feiertag mehr ist, wollen wir Christinnen und Christen ihn dennoch nutzen, um uns auf unsere Verantwortung uns selbst, der Welt und Gott gegenüber zu besinnen. Die ernstliche Beschäftigung mit dieser Frage mag im Idealfall zu der Erkenntnis führen, wo Verhalten verkehrt war –
und darum eine Veränderung der Haltung, des Redens und des Handelns gut täte und heilsam wäre – eine Art Kurskorrektur!

Dieser Tag aber soll kein Verharren im Erschrecken über die eigenen „Abgründe“ bewirken, sondern vielmehr Mut zu einem neuen Aufbruch machen. Doch das freilich wird nur möglich, weil Gott Fehltritte vergibt und immer wieder einen neuen Anfang schenkt.

Dieser neue Aufbruch gilt für das Leben im persönlichen Bereich ebenso, wie im Blick auf den Auftrag, den jede und jeder einzelne auch in der Verantwortung für die Gesellschaft und diese Welt hat. Neben dem Fingerzeig, der sich gegen herrschende Missstände und Ungerechtigkeiten richtet, dürfen wir Christen an diesem Tag auch besonders auf Gottes Gebote deuten und mit seiner Gnade rechnen.

So kann der Buß- und Bettag in jedem Jahr wieder zu einem Tag werden, an dem ich meine eigene Haltung auf den Prüfstand stelle, diese einmal mehr grundlegend überdenke und sie dann im vergebenden Horizont Gottes wieder neu ausrichte.

In solchem Sinne Ihnen wie auch uns einen nachdenklichen und zugleich einsichtigen Buß- und Bettag 2021,

Ihre Pfarrer Wolfgang Popp und Gerd Schamberger

Thesen

Liebe Gemeindeglieder, liebe Leser*innen,

der Überlieferung nach heftete der Augustinermönch Martin Luther (1483-1546) am 31. Oktober 1517, einen Tag vor Allerheiligen, seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg. Jener öffentliche Akt symbolisiert die große Bedeutung des Thesenanschlags: Er beschleunigte den Prozess, in dessen Verlauf sich viele Gläubige vom Papst und der römisch-katholischen Kirche lossagten. Die evangelische Kirche bildete sich.

Luthers Thesen richteten sich damals vor allem gegen den Missbrauch des mittelalterlichen Ablasshandels: Gläubige konnten mit dem Erwerb von sog. Ablassbriefen ihre Sündenstrafen reduzieren. Mit den Einnahmen wirtschaftete die Kirche gut, der Papst etwa finanzierte so den Bau des neuen Petersdoms. Gegen diesen maßlosen Machtmissbrauch und die Verweltlichung der Kirche protestierte Luther und veröffentlichte weitere Schriften.

„Sola gratia“ – „Allein Gottes Gnade könne den Gläubigen retten“, so der Reformator (Römer 11, 6). Und nur die Bibel – „sola scriptura“ – sei maßgeblich für den christlichen Glauben, nicht die traditionelle Lehre der Kirche. Durch die neue Technik des Buchdrucks mit beweglichen Lettern fanden Luthers Werke schnell Verbreitung und lösten eine reformatorische Bewegung aus. Da Luther seine Thesen nicht widerrufen wollte, schloss der Papst ihn und seine Anhänger 1520 aus der Kirche aus.

Selbst vor dem Kaiser wollte Luther sich nicht beugen. „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“, soll er der Legende nach auf dem Wormser Reichstag gesagt haben. Darauf verhängte der Kaiser voller Zorn die Reichsacht über den Reformator. Luther war damit vogelfrei, jeder durfte ihn nun straffrei töten. Mithilfe seines Unterstützers, des Kurfürsten von Sachsen, konnte Luther sich aber auf der Wartburg verstecken. Als Junker Jörg arbeitete er dort unerkannt an seinem größten Werk: Er übersetzte das Neue Testament ins Deutsche. Sein Stil prägt unsere Sprache bis heute.
Die Reformation (lat. reformatio „Umgestaltung“, „Erneuerung“ ) besiegelte nicht nur die Teilung der Kirche, auch die politische Landkarte des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation veränderte sich nachhaltig: Immer mehr Reichsfürsten wandten sich von Papst und Kaiser ab, indem sie entschlossen die Reformation durchsetzten und ihre Länder in weltliche Fürstentümer umwandelten. Auf dem Reichstag zu Speyer 1529 protestierten die evang. Fürsten für ihre Glaubensfreiheit, der Begriff „Protestantismus“ war geboren.

Mit der „Confessio Augustana“ (CA) legten die Fürsten auf dem Augsburger Reichstag 1530 ein Glaubensbekenntnis ab, das von Kaiser Karl V. jedoch nicht anerkannt wurde. Darauf schlossen sie sich zu einem Schutzbündnis gegen den Kaiser zusammen, dem Schmalkaldischen Bund. Im Schmalkaldischen Krieg wurde das Bündnis 1547 von kaiserlichen Truppen besiegt. Erst im Jahr 1555 einigten sich die verschiedenen Lager im sogenannten Augsburger Religionsfrieden gesetzlich darauf, dass jeder Fürst über die Konfession in seinem Herrschaftsgebiet bestimmen durfte.

Das Gesetz bescherte dem Reich einen langen, jedoch keinen dauerhaften Frieden. Die konfessionellen Gegensätze führten letztlich zusammen mit politischen Ursachen zum Dreißigjähren Krieg (1618-1648), der ganz Europa in die Katastrophe stürzte. An dessen Ende schließlich wurde der Augsburger Religionsfrieden bestätigt.

1667 bestimmte der Kurfürst von Sachsen den 31. Oktober zum Gedenktag der Reformation – exakt 150 Jahre nach Veröffentlichung von Luthers Thesen. Seither feiern die deutschen Protestanten an diesem Tag ihren Glauben. In Deutschland war der Reformationstag bis 2018 nur in den östlichen Bundesländern ein gesetzlicher Feiertag. Seitdem ist er es auch in Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. 2017 war er aufgrund des 500. Jahrestags der Reformation einmalig in ganz Deutschland Feiertag.

Ihnen nun einen gesegneten Reformationstag 2021 – vielleicht ja auch verbunden mit einem Gottesdienstbesuch bei uns hier um 10 Uhr in Pappenheim, zumal jener Gedenktag ja heuer wieder Mal auf einen Sonntag fällt
und dabei die Zeitumstellung uns allen eine zusätzliche Stunde beschert.

Ihre Pfarrer Wolfgang Popp und Gerd Schamberger

Erntedank

Liebe Gemeindeglieder, liebe Leser*innen,

»Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land …«:

für viele Menschen, besonders in den größeren Städten, klingt das wie ein Bild aus längst vergangenen Zeiten. Dort wo Äpfel und Tomaten das ganze Jahr über im Supermarkt erhältlich sind, fällt es zunehmend schwerer, Erntedank zu feiern.

Das war früher anders: Wenn die Ernte eingebracht war, luden die Landwirte ihre Bediensteten zu ausgelassenen Festen ein. Es gab Musik, Tanz und ein üppiges Essen. Aus Ähren wurden Erntekronen geflochten, ein Symbol für die Hoheit des Schöpfers, dem die Menschen alles Wachsen und Gedeihen verdanken.

Heute wird Erntedank meist am ersten Sonntag im Oktober gefeiert. Dabei geht es vor allem auch um unsere Verantwortung für die Schöpfung. Denn selbst wenn gentechnisch veränderte Lebensmittel und aufwändig bewässerte Gewächshäuser anderes glauben machen wollen: Hochwasserkatastrophen und Dürreperioden zeigen einmal mehr, dass der Mensch nach wie vor von ihr abhängig ist. Der Mensch braucht die Natur – nicht umgekehrt!

So notwendig die Bewahrung der Schöpfung ist, so selbstverständlich bleibt der Dank über all das, was diese übers Jahr an Nahrung hervorbringt. Denn was kann man beim ersten reifen Apfel oder einer Handvoll frisch gepflückter süßer Trauben anderes tun, als dankbar einzustimmen in ein Lied, welches sich nach der bekannten Melodie EG 334 „Danke für diesen guten Morgen“ gut singen lässt:

1. Danke für alle guten Gaben,
danke, du machst die Äpfel rot.
Danke für alle süßen Trauben
und fürs täglich Brot.

2. Danke für die Kartoffelfelder,
danke für das Gemüsebeet.
Danke für alle bunten Blätter,
wenn der Sommer geht.

3. Danke, du lässt den Regen fallen,
danke, du schenkst auch Sonnenschein;
danke, so können alle Früchte
wachsen und gedeih ́n.

4. Danke für dieses gute Essen,
danke, dass du so reichlich gibst,
danke, wir wollen nie vergessen,
Gott, dass du uns liebst.

5. Danke für deinen reichen Segen,
danke, du lässt uns nie allein.
Danke, auf allen unsern Wegen
willst du bei uns sein.

Ein frohes Erntedankfest und zugleich für den soeben begonnenen Oktober noch viele bunte und leuchtende Herbsttage,

Ihre Pfarrer Wolfgang Popp und Gerd Schamberger

Am Start: Schule.

Liebe Gemeindeglieder, liebe Leser*innen,

jetzt also ist es wieder soweit: Auch bei uns in Bayern gehen in diesen Tagen die Sommerferien zu Ende und der schonungslos ertönende Weckton des Handys – zu gefühlt noch nächtlicher Stunde – in zahllosen Kinder- und Jugendzimmern zeugt davon. Ein Schuljahr zwar weiterhin unter gebotener Vorsicht und eben doch ganz im Zeichen von Präsenzunterricht solle es endlich wieder werden – so zumindest die klare und deutliche Ansage der politisch Verantwortlichen im Land.

Für rund 115.200 sog. ABC-Schützen fühlt sich all das nochmals um einiges aufregender an, da für sie ihre Schulzeit eben gerade erst beginnt. Schulkind sein – das macht größer. So erzählte dies vor Jahren eine Mutter, als deren Sohn eingeschult wurde. Wie stolz ihn das machte, jetzt endlich ein Schulkind zu sein und nicht mehr ‚nur‘ ein Kindergartenkind!

Inzwischen hat er eine Lehre gemacht und arbeitet. Hat seinen Weg gefunden, ist wach und aufmerksam geblieben, was nicht heißt, dass es nicht auch so manche Probleme gegeben hätte. Die aber gehören zum Größerwerden mit dazu. Nur gut, wenn sie von allen ausgehalten und gemeinsam überwunden werden. Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Schultag? Früher dominierte da ja häufig noch die Rede vom „Ernst des Lebens“, der nun beginnen würde.

Heute gibt es da oft ein großes Fest mit der ganzen Familie und Freunden, um den Schulstart gebührend zu feiern. Kinder sollen, können, dürfen wachsen in der Schule. Wachsen an den Aufgaben, die ihnen gestellt werden und deren Lösungen sie nach und nach lernen. Wachsen mit und an den andern, die an ihrer Seite stehen. Weil sie sich etwas abgucken, was vormachen und zeigen können. Wachsen als Teil der Gemeinschaft, die sie erleben und zugleich an den Konflikten, die in Gemeinschaften eben auch nicht ausbleiben. Wachsen unter den achtsamen Augen ihrer Lehrer*innen, die hoffentlich erkennen, was sie dafür brauchen. Und wachsen im Schutzraum ihrer ganzen Familie, wo sie ermutigt, getröstet und stets liebevoll begleitet werden. Im Idealfall!

Wir alle wissen freilich, dass dem nicht immer so ist. Auch Kinder können gemein sein zueinander, genau den Punkt treffen, der weh tut. Lehrer*innen sind manchmal schlicht überfordert mit den vielen Bedürfnissen, die sie wahrnehmen und auf die sie pädagogisch angemessen reagieren sollen. Doch selbst in Familien finden Kinder auch nicht immer die Zuwendung, die sie gerade brauchen. Und dies ist unter Corona-Bedingungen für alle Beteiligten gewiss nicht leichter geworden.

Umso wichtiger wird es, den Blick zu weiten: Wer ist noch an meiner Seite? An wen kann ich mich wenden? Wer hilft mir beim Wachsen? Wer gibt mir Kraft für meine Aufgaben? Das gilt ja für Schulkinder, ihre Lehrer*innen und Familien gleichermaßen. Bei dieser Suche könnte uns Jesus auf eine Spur führen. Jener Wanderprediger aus Nazareth nämlich war so einer, der Menschen immer wieder aufgerichtet hat. Der Geduld hatte mit den Bedürftigen, einer, der zuhören konnte. Auf Jesus zu vertrauen, darauf, dass er auch an meiner Seite ist, mit mir geht – das stärkt und tröstet.

Den Kindern, die jetzt neu in die Schule kommen, wünschen wir, dass sie erleben mögen, dass Gott an ihrer Seite ist. Dass sie die Zuwendung und Aufmerksamkeit erfahren, die sie brauchen, um fröhlich zu lernen und zu wachsen. In Zeiten wie diesen mögen dazu auch Eltern und Paten den Kindern getrost die Hände auflegen. Vielleicht liegt darin auch ein Anfang dafür, eine alte Tradition wiederzubeleben. Dass Eltern (und Großeltern) mit ihren Kindern nicht nur beten, sondern sie auch segnen. Sie ihnen die Hände auflegen und sie dabei spüren lassen: du bist beschützt und behütet.

Wir haben den Eindruck, dass das guttun könnte – die Berührung und der Zuspruch. Denn dieser kommt ja nicht von uns, sondern wir alle geben lediglich weiter, wovon wir selber leben, was auch uns zugesagt ist.

Das gute und zugleich beruhigende Gefühl, bald schon an der neuen Schule auch wirklich von Herzen willkommen zu sein wünschen Ihnen und Euch

Ihre Pfarrer Wolfgang Popp und Gerd Schamberger

Zu Besuch in Franken

Liebe Gemeindeglieder, liebe Leser*innen,

in diesen sommerlichen Tagen ist in unserer Gemeinde Pastor i. R. Klaus Zastrow aus Bückeburg zu Gast. Er gehört somit der Evang. Landeskirche Schaumburg-Lippe an, die mit aktuell knapp 50.000 Gemeindegliedern zu den kleinsten deutscher Landeskirchen innerhalb der EKD gehört. Wir heißen ihn zusammen mit seiner Frau hier im wunderschönen Altmühltal nochmals herzlich willkommen und freuen uns, dass er bis Anfang September den Dienst als Kur- und Urlauberseelsorger versieht.

Ein solch unterstützender Dienst durch die Kollegenschaft anderer Landeskirchen ermöglicht es auch uns, den Pfarrer*innen vor Ort, in den sommerlichen Ferienwochen mal mit ruhigem Gewissen Urlaub zu nehmen, durchzuschnaufen und hierbei die Möglichkeit zu bekommen, den inneren Akku für bevorstehende Aufgaben wieder neu aufzuladen.

So bitten wir Sie herzlich, Pastor Zastrow und seine Frau mit offenen Armen hier bei uns zu empfangen, ihn bei seinen unterschiedlichen Diensten nach Kräften zu unterstützen und ihn so in unser gemeindliches Miteinander gastfreundlich mit aufzunehmen.

Sie können ihn regelmäßig bei den sonntäglichen Gottesdiensten erleben, er wird die wöchentlichen Abendandachten immer samstags um 19 Uhr in der Weidenkirche gestalten und auch mal eine Taufe, Trauung oder Beerdigung übernehmen. Neben diesen Diensten steht ihm aber auch zu gleichen Teilen die Möglichkeit offen, hier bei uns im malerischen Altmühltal sowie im angrenzenden Fränkischen Seenland Gottes wunderbare Schöpfung zu erkunden und dabei die Seele ein wenig baumeln zu lassen.

Ist es doch genau das, wonach wir uns alle miteinander in diesen ruhigeren, sommerlichen Wochen so sehr sehnen.
Der Theologe Hans Würdinger hat genau dies in treffende Worte gefasst, wenn er schreibt:

manchmal sehne ich mich
nach einer guten Aussicht
wenn alles mühsam ist
dunkel bedrückend

manchmal sehne ich mich
nach einem Blick in den Himmel
in die Weite und Freiheit
in Zukunft und Hoffnung
in die Unendlichkeit Gottes

schau auf himmelwärts
schau nach oben
bleib nicht gefangen
in deinen Sorgen
hab Mut hab Vertrauen
du bist daheim im Frieden
in der Liebe des Vaters im Himmel

manchmal sehne ich mich
nach diesem offenen Himmel
nach dieser guten Aussicht
manchmal muss ich dazu
einfach nur nach oben schauen
himmelwärts

Möglichst viele solcher sehnsüchtigen Blicke himmelwärts in diesen Tagen –
die wünschen Ihnen von Herzen,

Ihre Pfarrer i. R. Klaus Zastrow, Wolfgang Popp und Gerd Schamberger

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