Karfreitag
Jesus ist tot. Die Zeit drängt, er muss zu Grabe gebracht werden. Wer übernimmt das? Wer ist zuständig? Wer weiß Bescheid und klärt die Fragen um die rechte Bestattung?
Wer hätte gedacht, dass auch wir einmal vor solchen Fragen stehen würden?
Bei allem Abschiedsschmerz von uns lieben Menschen auch noch auf Regeln und auf die Anzahl der Trauernden achten müssen: Der darf dabei sein, die leider nicht. Ein feierliches „Lebe wohl“ darf es zu-mindest vorerst so nicht geben.
Was für eine Zeit? Was ist los in unserer Welt?
Die Grundfesten der Normalität sind schüttert, wenn auch der schmerzlichste Punkt in unserem Leben plötzlich nicht mehr so sein darf wie immer. Alles wankt, selbst Sterben und Tod.
Neben aller Erschütterung gab es bei Jesus einen, der Rat und zu handeln wusste. Er stellt sein Grab zur Verfügung und tut, was zu tun ist. Und Jesus wird hinein gelegt in die allerletzte Dunkelheit. Sein Blut drückt sich durch die Binden, in die man seinen Leib gewickelt hat. Der Stein wird vor den Eingang gerollt. Es gibt kein Entkommen mehr. „Gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes.“ Aus und vorbei.
In einem sehr tiefgründigen Lied von Rudolf Alexander Schröder heißt es:
„Es mag sein, dass alles fällt, dass die Burgen dieser Welt um dich her in Trümmer brechen.”
Vielleicht ist es ja gerade bei manchen von uns so. Die finanziellen Sicherheiten und mein Einkommen, meine Familie und meine Freundschaften, meine Gesundheit und mein Glaube an die allgegenwärtige Machbarkeit – die Burgen meiner Welt halten plötzlich nicht länger stand. Unsicherheit und Ungewissheit lösen Angst in uns aus und Furcht. Ein Virus tief in uns drin zerstört alle Verlässlichkeit von Grund auf.
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich kenne tatsächlich kein anderes Bild als dieses von Sieger Köder, das gleichsam eine Innenansicht des Grabes von Jesus wagt. Wir werden von ihm mit hinein genommen in diesen Raum ewiger Finsternis.
Aber warum leuchtet der tote Leib in der dunklen Kammer, in der es kein Licht gibt?
Sehen Sie auch über dem Kopf des Gestorbenen schon den Schein des Oster-geheimnisses leuchten? Bereits im Grab ein sanftes erstes Zeichen des Wunders der Auferweckung? Eine Ankündigung des Ostermorgens mitten im Tod?
„Halte du den Glauben fest, dass dich Gott nicht fallen lässt: Er hält sein Versprechen” (EG 378,1) – so der zweite Teil der ersten Strophe des Liedes von Schröder.
Der Karfreitag ist nicht das Ende. Aber er ist notwendig, er ist unumgänglich. Damit wir daran erinnert werden: Wir Menschen sind nicht die Götter dieser Welt. Und keiner von uns wird seinem Sterben entfliehen können.
Aber da ist einer, der war bereits in diesem Reich des Todes und er hat den Tod besiegt. „Am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahrenen den Himmel” – so sprechen wir es in unserem Glaubensbekenntnis.
„Es mag sein, so soll es sein! Fass ein Herz und gib dich drein; Angst und Sorge wird’s nicht wenden. Streite, du gewinnst den Streit! Deine Zeit und alle Zeit stehn in Gottes Händen.” (EG 378,5)
Gott, in deine Hände hat dein Sohn seinen Geist gelegt.
Auch wir wollen uns, unser Leben und unsere Welt
besonders in diesen Tagen voll Vertrauen in deine Hände geben.
Segne und beschütze alle,
die sich in ihrem und durch ihren Dienst für andere einsetzen und mühen,
die jetzt in ihrer Angst und Furcht allein sind,
die von ihren Aufgaben gerade überfordert werden,
die unter ihrem Alleinsein leiden und deren Einsamkeit niemand bemerkt.
Wir bitten dich für deine Gemeinden auf der ganzen Welt,
hilf uns das Leiden deines Sohnes richtig zu verstehen.
Amen.
Wir wünschen Ihnen Gottes Begleitung und Segen in diesen Tagen.
Ihre Pfarrer Gerd Schamberger und Wolfgang Popp