Heilig Abend und Weihnachten 2020

Heilig Abend und Weihnachten – Tage, die für viele Menschen so etwas wie der Höhepunkt des Jahres sind; ja bei manchem vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. Ich glaube, der Grund dafür ist, dass wir uns an diesen Tagen berühren lassen. Berühren von der Geschichte dieses Kindes und von großer Hoffnung. Ja, Hoffnung – sie steckt wohl in jedem von uns.
An Heilig Abend und Weihnachten ist die Stimmung in mir einfach eine andere. Ich öffne erwartungsvoll mein Herz. Etwas Besonderes wirkt da in mir. Gott kommt zur Welt. Er wird ein Mensch, wie wir alle auch. Und das bedeutet: Seit dieser Heiligen Zeit fühlt Gott mit uns.
Schon die ersten Worte, die wir in der Heiligen Nacht von Gott hören, sprechen uns ganz tief an. Der Engel sagt: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren.“
Der Heiland – das meint den mitfühlenden Gott. Und zwar als Mensch. Er isst und trinkt; er sehnt sich und hat Schmerzen; er wird angefeindet und bekommt und gibt Liebe. Das schenkt Hoffnung. Im geborenen Jesuskind fühlt Gott mit uns Menschen.
Wir wissen, es ist nicht immer leicht, ein Mensch zu sein. Manche von uns sind voller Furcht und Sorge, wie ihr Leben weitergeht. Vielleicht macht sie die Situation um CoVid 19 ganz fertig, das ständige Hin und Her. Vielleicht haben sie einen Menschen verloren, oder sind selbst erkrankt. Vielleicht wird ihr Geld oder die Rente ständig weniger, trotz vieler Arbeit. Oder ein Mensch musste aus seiner Wohnung ins Heim ziehen, braucht Pflege. So Vieles ist nicht leicht zu verkraften.
Andere dagegen tönen groß daher und versetzen ihre Mitmenschen in Furcht und Schrecken. Plötzlich sehen und hören wir wieder, dass Juden in Deutschland Angst haben. Nachbarn mit anderer Hautfarbe werden tätlich angegangen. Menschen schlagen um sich, wenn sie sich benachteiligt fühlen. Kinder und Frauen können sich nicht überall sicher fühlen. Es ist entsetzlich und das darf nicht einfach „unter den Tisch fallen“, weil wir gerade sehr mit uns selbst beschäftigt sind.
Es ist schwer, ein Mensch zu sein. Manche geben sich auf; andere wollen immer mehr. Da kann man sich schon Gedanken machen – und fürchten.
Wir müssen es aber nicht. „Fürchtet euch nicht!“ sagt der Engel; „euch ist heute der Heiland geboren.“ Der mitfühlende Gott wird ein Mensch. Eben weil es oft so schwer ist, ein Mensch zu sein.
Jesus hat uns gezeigt, wie es trotzdem gehen kann. Er ist Mensch gewesen wie wir. Auch wir können versuchen zu leben, wie er gelebt hat. Wir können versuchen mitzufühlen, mit anderen. Auch sie haben Furcht, vielleicht Sorge. Auch sie leiden manchmal – wie wir. Oft wollen uns andere gar nichts Böses – auch wenn es so wirkt – sie wollen nur irgendwie durchs Leben kommen, nicht untergehen.
Wir Christen haben dann einen kleinen Vorteil: Wir wissen darum. Wissen, dass Menschsein oft so schwierig ist. Daher können wir auf-passen, dass wir nicht mit gleichen Mitteln antworten. Nicht Gleiches mit Gleichem vergelten. So stelle ich mir Jesus vor, wenn er angefeindet und angegriffen wurde. Biblische Geschichten erzählen uns davon. Er hat vielleicht erst einmal tief Luft geholt und sich gesagt: Ich will jetzt nicht ebenso antworten. Ich will jetzt einen guten Geist bewahren. Mit Gottes Hilfe. Und erst dann hat er reagiert. So friedlich wie möglich. Liebevoll und verständig. Er hat sich sein Leben lang berühren lassen; wie wir uns in diesen Tagen von Weihnachten.
Seit Jesus weiß ich: Wir Menschen können das. Wir müssen nicht bitter und feindlich werden. Wir können auch gütig sein und freundlich bleiben. Auf der Arbeit, im Verein, als Nachbarn oder in der Familie.
Wir müssen nicht resigniert oder mit Wut leben. Wir können ebenso tun wie Jesus: Wir können für unsere Fehler um Entschuldigung bitten; und wir können verzeihen. Wir müssen nicht nachtragend sein.
Und wenn ich selbst um Hoffnung ringe?
Ich weiß mich verbunden mit Gott. Ich brauche keine Angst haben vor dem, was vielleicht kommt. Als Gottes Kind bin ich in seiner Hand geborgen. Ich kann ihm sagen, was mich berückt. Ich darf ihm getrost an sein Herz legen, was mir zu schwer wird. Ich weiß, er versteht mich. Eben weil er selbst unterwegs war in einer Welt, die zuweilen Angst macht und voll Unsicherheiten ist wie in dieser Zeit.
Mit Heilig Abend begann Gott, mit uns Menschen zu fühlen. Selbst zu spüren, dass das Leben oft nicht leicht ist. Und er gibt uns damit ein Beispiel: Gefühl füreinander zu haben. Auch, wenn wir momentan Abstand halten müssen – wir sind im Herzen und im Glauben miteinander verbunden. Ich glaube wirklich, das macht unser Leben weniger schwer. Dann nehmen wir einander auch etwas Furcht im Leben. Wir stärken uns gegenseitig und werden selbst zu einem Engel, der anderen zeigt: Fürchte dich nicht; du bist nicht allein. Gott selbst weiß, wie es dir geht und er steht dir bei.
Ich wünsche Ihnen gesegnete Tage, auch im Namen von Pfarrer Gerd Schamberger.
Ihr Pfarrer Wolfgang Popp