Harry Potter, das Biest und der Apostel Paulus
Liebe Leserin, lieber Leser,
kein leichter Stoff – das Thema der nächsten Woche: „Gut und Böse“.
Der Predigttext vom kommenden Sonntag nimmt Gedanken auf, die manche unter uns vielleicht sogar selbst einmal als Konfirmandenspruch erhalten oder als Taufspruch gewählt bekamen: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ (Römer 12,21)

Aber ist so ein Auftrag überhaupt zu erfüllen?
Lord Voldemort ist böse. Harry Potter und seine Freunde müssen gegen ihn kämpfen. Eben ein Kampf „Gut gegen Böse“. Und dabei könnten sie sich guten Muts an den oben zitierten Vers aus dem Brief des Apostels halten. Denn er ist ja wirklich ein toller Satz, gleichsam ein Motto fürs ganze Leben – zumindest auf den ersten Blick.
Was aber ist, wenn man nicht gleich durchschaut, was gut und was böse ist?
Oft kann man sich ja wirklich nicht sofort sicher sein. Ein Beispiel dazu fällt mir ein: Der Film „Die Schöne und das Biest“. Da verschlägt es die schöne Belle in ein verwunschenes Schloss, in dem das Biest haust. Das Biest ist ein von einer Zauberin verwunschener Prinz, der sich einst hartherzig benommen hat. Er findet nur Erlösung, wenn ihn innerhalb einer bestimmten Frist jemand trotz seines fiesen Benehmens und seiner Angst einflößenden Erscheinung liebt. Gar nicht so einfach, denn er kann ja nicht aus seiner Haut heraus. Aber zum Glück erkennt Belle in dem Biest den guten Kern. Die beiden verlieben sich. In letzter Minute wird der Bann gebrochen und das verwunschne Schloss und vor allem das Biest werden erlöst. Ein richtiges Happy End …
Aber so ist die Realität leider nicht. Nicht immer gewinnt am Ende das Gute. Noch einmal: Was ist überhaupt gut und was ist böse?
In den Harry-Potter-Büchern und Filmen wird genau diese Frage immer wieder aufgegriffen. Da ist z.B. die Gestalt von Professor Snape. Er tut vermeintlich Böses und ist gemein zu Harry Potter. Aber er gehört dennoch zu den Guten. So sehr das alles Fantasiegeschichten sind, so sind sie im Hinblick auf die Frage: „Was kann ich tun, um das Böse zu überwinden und nicht selbst vor dem Bösen zu kapitulieren?“, doch nahe der Wirklichkeit. Manchmal ist eine Sache klar. Manchmal kann eine Situation aber auch so vertrackt sein wie bei Harry Potter. Und man weiß nicht, wie man letztlich handeln soll.
Und manchmal ist es leider so, dass man es nicht vermeiden kann, bei all dem Schuld auf sich zu laden. Eben, weil man etwas Gutes tun und andere Menschen retten will.
Dietrich Bonhoeffer kommt mir in den Sinn. Er war von Beginn an gegen Adolf Hitler und die Nationalsozialisten. Er trat ein für die jüdische Bevölkerung und war an Plänen für ein Attentat auf Hitler beteiligt. Er war bereit zu lügen und letztlich sogar zu töten in diesem Kampf „Gut gegen Böse“. Dafür bezahlte er mit seinem Leben. Im vergangenen April vor 75 Jahren wurde er hingerichtet. Doch er ist in dem Vertrauen gestorben, dass Gott auf unserer Seite steht, wenn wir Gutes tun – Fehler, Schuld und Versagen eingeschlossen.
Gott ist bei uns und handelt durch uns, wenn wir versuchen, das Böse mit Gutem zu überwinden. „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Ich meine, ein wirklich gutes Motto – fürs ganze Leben.
Mit herzlichem Gruß,
Ihre Pfarrer Gerd Schamberger und Wolfgang Popp