Bloßer Augenschein
Liebe Gemeindeglieder, liebe Leser*innen,
immer wieder ergeben sich in diesen besonderen Zeiten der Krise neue Blickwinkel auf das Leben, die Menschen und auch Gott. So schob ich neulich im Supermarkt zielstrebig meinen Wagen durch die Gänge. Mein Blick suchte in den Regalen über den Maskenrand hinweg gezielt nach bestimmten Produkten. Zwischendurch hob ich die Augen, um zu sehen, ob ich hinter einer der anderen Masken vielleicht sogar jemanden erkenne. So um mich schauend, kam bei mir die Frage auf, was man eigentlich gerade von meinem Gesicht sieht, außer einer Maskerade kurz vorm nächsten Banküberfall.
Vor allem sind natürlich die Augen zu sehen, ein schmaler Streifen, fast wie im Tatortvorspann. Doch was sagen meine Augen, die über die Maske hinweg blinzeln, wenn nicht gerade die Brille beschlägt? In den Augen ist ja oftmals viel zu erkennen, wie Offenheit, Tränen der Trauer, ein Leuchten vor Freude, ein Blitzen für eine soeben geborene geniale Idee oder auch nur ein Hauch quälender Müdigkeit.
Und doch sieht man mit den Augen eben gerade immer wieder nur einen Teil unseres Gesichts, sei es im Supermarkt, beim Bäcker oder nun auch in den Gottesdiensten! Wir sehen nun mal keinen Mund, der uns freundlich anlächelt oder Lippen, die sich zusammenkneifen. Vieles vom Gesicht bleibt bedeckt und damit auch manche Gefühle verborgen. Die Augen bekommen so über das eigentliche Sehen hinaus gerade einen deutlichen Mehrwert.
Kontaktaufnahme ist ja nun umso mehr über einen freundlichen Blick nötig, wenn wir uns schon nicht mehr die Hände geben und auf Abstand bleiben sollen. Ich kann auch zwinkern, mit den Augen rollen oder in Verbindung mit einem Blick die Stirn runzeln. Ich schaue andere Menschen bewusster an und frage mich: Was möchte ich mit meinem Blick sagen und was erkennt die oder der andere wiederum in meinen Augen?
Schaffe ich es, meinem Gegenüber auch mit Maske freundlich und offen zu begegnen? Welche Sorgen und Freuden lese ich in den Augen von Anderen und wie kann ich selbst darauf mit einem bestimmten Blick oder auch mit passenden Worten reagieren?
Doch ganz und gar unabhängig von dem, wie wir Menschen uns untereinander ansehen, gilt: GOTT schaut uns freundlich an! In seinen Augen ist jeder und jede von uns unendlich wertvoll und behütet. Denn wie heißt es doch so schön in den bekannten Worten aus dem Alten Testament über Gott und Jakob: „Er behütet ihn wie einen Augapfel!“
So sind auch wir bei Gott geborgen in dieser Zeit – mit sorgenvollem Blick ebenso wie mit strahlenden Augen. Und wenn die Angst wiedermal groß wird, der Kummer drückend, die Einsamkeit schwer, dann mögen wir mit Worten aus Psalm 121 beten: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt vom HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat.“
Mit einem freundlichen Blick knapp überm oberen Maskenrand grüßen Sie alle zum Beginn einer neuen Woche
Ihre Pfarrer… –
beide nun hoffen wir einfach mal, Sie alle haben uns längst erkannt…
…wenn nicht, geben wir uns hiermit wenigstens ansatzweise zu erkennen:
W _LF__N_ P_P_ und G_R_ SC_A_B_R_E_